Das Hafenlohrtal ist im wahrsten Sinn des Wortes etwas eigenartiges. Es ist mit ca 27 km Länge eines der größeren Täler im Spessart. Aber es ist kaum besiedelt. Es ist aber nicht naturbelassen. Im Gegenteil. Im Lauf der Geschichte wurde es sehr intensiv genutzt. Die Hafenlohr selber diente als Triftbach, um Brennholz ins Maintal zu transportieren. Die Wiesen im Talgrund wurden durch ein ausgeklügeltes System bewässert. In Einsiedel befand sich im 19. Jhd. eine Glashütte mit angeschlossener Arbeitersiedlung. Zur gleichen Zeit wurde In der Lichtenau ein Eisenhammer betrieben.
Das heutige Erscheinungsbild des Hafenlohrtales ist also stark vom Menschen beeinflusst. Trotzdem empfinden wir es heute als wunderbar idyllisch und natürlich. Genauso wie Kurt Tucholsky, der den vielzitierten Satz geschrieben hat: „Wenn Landschaft Musik macht, dies ist ein deutsches Streichquartett“.
Über all die genannten Aspekte wird im folgenden ausführlich an Hand von über hundert Bildern berichtet.
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Rothenbuch im Spessart
Die Quelle der Hafenlohr liegt in Rothenbuch, genauer im Hof des dortigen Schlosses. Dieses Schloss wurden im 16. Jhd. vom Mainzer Kurfürsten als Wasserschloss gebaut. Ein Teil der Grabens ist noch erhalten. Er wurde mit Wasser aus der Hafenlohr-Quelle gespeist. Das Schloss ist aktuell Tagungshotel und wenn überhaupt, dann nur für Tagungsgäste geöffnet. Die Quelle ist nicht zugänglich.
Denkmal für den Wilderer
Vor dem Schloss hat man dem im ganzen Spessart verehrten und von einem Jäger erschossenen Wilderer Johann Adam Hasenstab ein Denkmal gesetzt. Er stammte aus Rothenbuch, wo der Name heute noch verbreitet ist. Genau gegenüber steht das Forstamt Rothenbuch, übrigens das älteste in ganz Bayern. Dort hat man mit feinem Humor einen Jäger mit Schießgewehr und mahnend erhobenem Zeigefinger (oder ist es ein Stinkefinger?) aufgestellt.
Die alte Gemeindemühle von Rothenbuch
Etwas außerhalb des Ortes liegt die alte Gemeindemühle. Sie wurde das letzte mal 2009 grundlegend renoviert. Am Mühlrad verdunstet viel Wasser. Das erzeugt in unmittelbarer Umgebung der Mühle ein sehr feuchtes Mikroklima. Auch im sehr trockenen Sommer 2018 ist die Vegetation üppig.
Das Hafenlohrtal im Spessart
NSG oberes Hafenlohrtal
Über weite Strecken ist das Wandern durch das Tal nicht möglich. Im oberen Teil ist ein ca 4 km langer Bereich als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Betreten ist dort verboten, abgesehen von einem kurzen Bohlenweg quer durch das Tal, dem Glaswiesenweg. Über diesen Weg wurden von Trägern die Glaswaren von der Glashütte Einsiedel abtransportiert.
2 Parkplätze gibt es an der Straße, von denen man von oben in das gelobte Land schauen konnte. Von dort sind auch die Bilder unten entstanden. Mittlerweile sind die Parkplätze leider ziemlich eingewachsen. Der Ausblick ist so nicht mehr möglich.
Im Juli stehen die Wiesen am Glaswiesenweg in voller Blüte.
Es ist Mitte August. Ein Teil der Wiesen im Naturschutzgebiet sind inzwischen gemäht. Von der ursprünglichen Blütenvielfalt sind nur noch Reste erhalten. „Ist das Mähen im Naturschutzgebiet überhaupt erlaubt?“ fragen sich viele. Die Antwort ist „ja, es ist sogar notwendig“. Man muss wissen, dass hier nicht ein ursprünglicher Naturzustand geschützt werden soll, sondern ein Zustand, den der Mensch in Jahrhunderten geschaffen hat. Würde nicht gemäht, dann verbuschen die Wiesen und es entsteht ein Wald.
Mitte Oktober ist es endgültig Herbst im Hafenlohrtal.
Auch der Winter hat seine schönen Seiten:
Lichtenau im Hafenlohrtal
Unterhalb des Naturschutzgebietes ist das Hafenlohrtal nur dünn besiedelt und extensiv bewirtschaftet. Auf den Bildern unten die Gasthöfe Lichtenau und Hoher Knuck und die Kapelle der Lichtenau.
Kanalisierung der Hafenlohr
Das Hafenlohrtal war keineswegs immer das idyllische Wiesental, das wir heute kennen. Überall begegnen einem Relikte, die auf einen sehr aufwändigen, kanalartigen Ausbau der Hafenlohr hinweisen. Man muss wissen: die Hafenlohr war einer der wichtigsten Triftbäche im Spessart. Stephan Behlen schrieb in seinem 1827 erschienenen Buch „Der Spessart“ Band 3, S. 125: „Dieser Bach bedürfte nur teilweiser Geradführung, Erweiterung und Vertiefung seines Bettes, um auch zum Holländerholzflößen verwendet zu werden.“
Unter Holländerholz verstand man große Stämme, die als Bauholz bzw. zum Schiffbau über Main und Rhein bis nach Holland geflößt wurden.
Die ersten beiden Bilder zeigen einen Aquädukt in der Nähe des Lindenfurter Hofes. Er diente der Wiesenbewässerung. Der Brückenstein (Bild 3) steht nahe dem Glaswiesenweg.
Die Uferbefestigung mit so großen, sorgfältig behauenen Steine muss sehr teuer gewesen sein. Wer den aufwändigen Ausbau finanziert hat ist nicht bekannt. Sie ist für eine sichere Holztrift angelegt worden. Inzwischen ist sie zerfallen und die Hafenlohr bestimmt ihr Bett wieder selbst.
Einsiedel im Hafenlohrtal
Einsiedel ist heute ein Weiler mit wenigen Einwohnern. Die Verwaltung des Löwensteinschen Forstbetriebes hat hier ihren Sitz. Die alte Kirche erinnert an die Zeit, als Einsiedel eine Probstei von Kloster Neustadt war. Von der Glashütte wurde sie als Magazin genutzt. Jetzt lässt man sie verfallen. Leider gilt für adelige Eigentümer nicht der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“.
Im 19. Jahrhundert stand hier eine hochmoderne Glashütte mit 14 Wohnhäusern und ca. 50 Mitarbeitern, einer eigenen Schule für deren Kinder und einer Kirche. Nach ihrem Eigentümer Karl Thomas zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg wurde sie Karlshütte genannt. Im Spessartmuseum in Lohr gibt es ein Modell dieser Glashütte, einen nachgebauten Glasmacherofen und Sammlung von Spessartgläsern.
Leider häufte die Hütte trotz guter Absätze nur Verluste an. Sie wurde deshalb 1889 wieder geschlossen. Man sieht und freut sich: auch Fürsten zahlen Lehrgeld bzw. verspekulieren sich.
NSG Auenwald bei Erlenfurt im Hafenlohrtal
So wie bei Erlenfurt sähe es aus, wenn die Wiesen des Naturschutzgebietes nicht regelmäßig gemäht würden:
Es ist schon beinahe ein Witz: Mitten in dem NSG Auenwald mit seinen Erlen soll ein Eichenzentrum entstehen.
Hofgut Erlenfurt (geplantes Eichenzentrum)
Das Hofgut Erlenfurt hat 2018 einige regionale Aufmerksamkeit erregt. MdL Peter Winter (CSU) hatte mit seinem Verein „Wir im Spessart“ praktisch im Alleingang einen Nationalpark Spessart verhindert. In die Geschichtsbücher will er aber als jemand eingehen, der Großes für den Spessart bewirkt hat. Dafür hat er sich ein Projekt ausgedacht: ein Eichenzentrum in Hafenlohrtal im leerstehenden Hofgut Erlenfurt. Kostenstand derzeit (Juni 2018: 26,5 Mio. Das Eichenzentrum soll einerseits Tagungsstätte mit ca 45 Übernachtungsplätzen sein. Andererseits sollte es auch Touristen anziehen z.B. mit einer Dauerausstellung zum Thema Spessartwald. Dass die Erreichbarkeit sehr schlecht und die ganze Anlage ziemlich marode ist, stört Herrn Winter überhaupt nicht. Genausowenig stört ihn die Skepsis bzw. Ablehnung der meisten Fachleute und Betroffenen. Mehr dazu auf meiner Seite eichenzentrum.eu.
Außen am ehemaligen Stallgebäude gibt es eine Rauch- und Mehlschwalbenkolonie mit ca. 150 Tieren. Die Tiere sind geschützt und das Gebäude darf erst abgerissen werden, wenn nachweislich die Schwalben erfolgreich umgesiedelt sind. Damit ist bisher (August 2021) noch gar nicht begonnen worden. Aber es wurde schon einmal Größe und Art der Population durch ein Fachbüro für Artenschutz erfasst.
Natürlich gäbe es auch Alternativen, wenn man schon viel Geld ausgeben möchte. Eine wäre ein Freilichtmuseum Spessart. Mehr dazu ebenfalls auf meiner Seite a-f-dammbach.de.
Fürstlich löwensteinscher Wildpark
1803 bekam das Fürstenhaus Löwenstein-Wertheim-Rosenberg die
Wälder des säkularisierten Klosters Neustadt im unteren Hafenlohrtal zugesprochen. Wenige Jahre später wurden ca. 3.100 Hektar für die fürstliche Jagd eingezäunt. Dieser Wildpark besteht noch heute. Die Straße führt durch ihn hindurch. An Ein- und Ausgang stehen jeweils Torhäuser.
Das Wasserbüffelprojekt bei Windheim im Hafenlohrtal
Das untere Hafenlohrtal bei Windheim war nahezu vollständig von Wald bewachsen, überwiegend von Fichten. In einem vom Naturpark Spessart initiierten Projekt wurden die standortfremden Fichten entfernt und eine ca 13 Hektar große offene Fläche geschaffen. Die Baumstümpfe sind noch überall auf den Wiesen zu sehen.
Auch ein Bieber hat sich mittlerweile eingefunden.
Frei gehalten wird die entstandene offene Fläche sehr erfolgreich von einer Herde von Wasserbüffeln. Die ersten Bilder stammen aus dem Mai 2018, kurz nachdem die Tiere wieder auf die Weide gebracht wurden. Die späteren wurden dann einige Monate später in dem sehr trockenen Sommer 2018 aufgenommen.
Hafenlohr am Main
In dem Ort Hafenlohr mündet die Hafenlohr in den Main. Sehr hochwertige Tonvorkommen waren die Grundlage für die Arbeit mehrerer Töpfereien. Im Jahr 2000 hat der letzte derartige Betrieb in Hafenlohr geschlossen. Lediglich das „Töpferhaus“ erinnert noch an diese Tradition.
In dem sehr empfehlenswerten Spessartmuseum in Lohr am Main ist eine Töpferwerkstatt aufgebaut. Dazu gibt es eine Sammlung von Keramiken aus Hafenlohr.
Wandervorschlag und weitere Informationen: Kulturweg des Spessartprojektes „Hafenlohrtal: Kulturlandschaft in Natur und Literatur“
In der Nähe von Rothenbuch liegt Heigenbrücken und in der Nähe von Hafenlohr liegen Neustadt am Main und Rothenfels.
Karte im BayernAtlas